Youngtak Kim hat einen Debütroman geschrieben, der Krimi, Science Fiction und Drama miteinander vereint. Und dabei ungeheuer fesselt. Von Barbara Hoppe.
Die südkoreanische Hafenstadt Busan ist im Jahr 2063 eine zweigeteilte Stadt. Während sich im oberen Viertel die Reichen niedergelassen haben, leben im unteren Viertel die Armen. Dort, wo in regelmäßigen Abständen Tsunamis Menschen und Häuser hinwegreißen und viele Todesopfer fordern. Wie alle Menschen an diesem Ort, strebt auch der Hilfskoch Lee Uhwan nach einem besseren Leben in gesicherter Wohnlage. Und wie alle ist auch er bereit, alles dafür zu tun.
Als ihn sein Chef eines Tages bittet, ins Jahr 2019 zurückzureisen, um das verloren gegangene Rezept für eine ganz besonders schmackhafte Knochensuppe zu besorgen, zögert Lee nicht lange. Die Reise ist zwar gefährlich, viele Zeitreisende überleben sie nicht, aber die Verlockung des Geldes und die Aussicht auf Wohlstand überwiegen. Lee überlebt die Reise in die Vergangenheit und beginnt, in der „Busaner Knochensuppe“ zu arbeiten.
So weit so gut, so viel Science Fiction. Doch mit der Arbeit in dem Restaurant entdeckt Lee plötzlich etwas, was ihm bisher verschlossen war: Eine Art Zugehörigkeitsgefühl und die Aussicht herauszufinden, wer seine Eltern sind. Denn ohne Familie in einem Waisenhaus aufgewachsen, hatte der Hilfskoch bis dahin nicht mehr soziale Kontakte als die zu seinen zwei Küchenkollegen. Von nun an beginnt eine fantastische Geschichte, die uns hineinwirft in einen literarischen Genre-Mix aus Science Fiction und Kriminalroman. Zwölf seiner Mitreisenden überleben nämlich nicht, und die Busaner Polizei im Jahr 2019 muss nicht nur diese rätselhaften Todesfälle klären, auch ein paar andere unerklärliche Vorfälle beschäftigen die braven Polizisten. Während Lee nach und nach dem Geheimnis seiner Herkunft auf die Spur kommt, verwickelt er sich immer mehr in der Zeitschleife. Er ist nicht der einzige, der aus der Zukunft kommt, in der Vergangenheit Fuß fasst und damit die Gegenwart durcheinanderwirbelt. Und dann ist da noch ein Killer, der plötzlich hinter ihm her ist.
Der Autor dieser wahnwitzigen Geschichte ist in Korea kein Unbekannter: Youngtak Kim lockte mit seinem Comedy-Film „Hello Ghost“ 2010 nicht nur Millionen Koreaner ins Kino, er gewann damit auch gleich den Baeksang Arts Award als »bester neuer Regisseur«. Mit seinem Debüt-Roman legt er nun eine fulminante Fortsetzung seines Erfolgs hin und zeigt, dass er auch jenseits von Comedy und bewegten Bildern fesseln kann. Wie viele seiner koreanischen Literaturkollegen hat auch er eher einen sachlichen Stil. Gefühle werden beschrieben, nicht nacherlebt. Die Kapitel sind kurz. Das Handwerk eines Filmregisseurs, sein Publikum zu packen und zu halten, beherrscht Youngtak Kim auch in der Literatur. Nie kommt man seinen Protagonisten zu nah, sie sind nicht einmal besonders sympathisch, und dennoch fiebert man mit ihnen. Mainstream sucht man vergebens. Ob’s gut ausgeht, wer weiß? Und was ist ein gutes Ende?
Zwei Bände
Der Mörder aus Zukunft (Band 1)
a.d.Koreanischen von Hyuk-Sook Kim und Manfred Selzer
Golkonda Verlag, München 2023
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Die Nacht, in der 12 Menschen verschwanden (Band 2)
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Exciting sci-fi thriller fusion: Youngtak Kim
Youngtak Kim has written a debut novel that combines crime, science fiction, and drama in a captivating way. The South Korean port city of Busan is divided in 2063: the rich live in the upper quarter, and the poor in the lower, which is regularly hit by tsunamis. Assistant cook Lee Uhwan aspires to a better life. When his boss asks him to travel back to 2019 to retrieve a lost recipe for bone soup, Lee doesn’t hesitate. Despite the dangers of time travel, the lure of money and prosperity is strong.
In the past, Lee begins working at the „Busan Bone Soup.“ He discovers a sense of belonging and the possibility of finding his parents. Having grown up in an orphanage without family, Lee had few social connections. During his journey, twelve of his fellow travelers die, and the Busan police in 2019 must solve these deaths and other mysterious incidents. Lee gradually uncovers the secret of his origins and gets increasingly entangled in the time loop. He is not the only one from the future who disrupts the present. A killer is also after him.
The author of this story, Youngtak Kim, is well-known in Korea. With his comedy film „Hello Ghost,“ he attracted millions to the cinema in 2010 and won the Baeksang Arts Award for Best New Director. In his debut novel, he shows that he can also captivate in literature. His straightforward style, short chapters, and ability to engage the audience make the novel unique. The protagonists are not particularly likable, but you still root for them. Will it end well? Who knows?
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