Zum Inhalt springen

Statt Kino: Come Closer. In Zeiten des kulturellen Shutdowns lockt ein neues Konzertformat

Rating: 5.00/5. From 2 votes.
Please wait...

Feuilletonscout Das Kulturmagazin für Entdecker MusikEhrwürdig wirkt die Festhalle der Villa Elisabeth mit ihren vornehmen Rundbögen und dem dezenten Stuck. Eine breite Treppe mit schmiedeeisernem Geländer führt hinauf und durch schwere Flügeltüren in den schmucken Saal. Das Fischgrätparkett knarzt leicht. Fast wähnt man sich in einer römischen Villa. Und doch steht das Haus in der Berliner Invalidenstraße unweit des Hauptbahnhofs. 1907 erbaut, dient es zusammen mit der St. Elisabeth-Kirche als Veranstaltungsort. Normalerweise herrscht hier reges kulturelles Leben: Ausstellungen, Konzerte, Tanz- und Theateraufführungen, Lesungen beleben das Haus.

Jetzt ist alles still. Durch die Fenster ertönt Vogelgezwitscher. Die Sonne wirft ihre Strahlen auf den Fußboden. Ist alles still? Nein, plötzlich ertönt Klaviermusik. Takte aus Schuberts „Forelle“ erklingen. Die Pianistin Julia Rinderle sitzt am Flügel, im Abendkleid, Kameras fangen sie ein. Abgelöst wird sie von Kunal Lahiry und seinem Partner, dem Bass-Bariton Julien Ségol. Er singt die Arie des Fiesco aus Verdis „Simon Boccanegra“.

Julia Rinderle / Fotonachweis: Peter Adamik

Sie alle treten hier ohne Publikum auf. Wie alle Musikerinnen und Musiker müssen sie in diesen Corona-Zeiten auf Auftritte verzichten und damit auch auf die dringend notwendigen Gagen. So rücken sie in der Villa Elisabeth zusammen. Aber auch die eigenen vier Wände dienen immer wieder als Konzertort. Come Closer heißt die Initiative. Mit außergewöhnlichen Konzertproduktionen sollen dem Zuschauer Künstler näher gebracht werden. Und der darf dafür auch einen kleinen Obolus zahlen: Denn Come Closer ist eine Pay-per-View-Videoplattform, auf der man Tickets für ein Konzert der eigenen Wahl kaufen kann.

„Wir haben einen hohen qualitativen Anspruch“, erklären die Initiatoren Yoél und Elisabeth Culiner. Koproduzent David de Bjaouix, Mitinitiator des Projekts, ergänzt: „Die Tonaufnahmen werden noch einmal professionell überarbeitet, erst dann gehen wir damit online.“ Arbeitsschritte, die von Culiners übernommen werden. Mit ihrer Videoproduktionsfirma culiner creative circle sind sie für die technische Qualität verantwortlich. So werden die Tonaufnahmen noch in Israel von den Eshel Studios aufwendig überarbeitet und dann mit den Visuals zu einer perfekten Aufzeichnung zusammengefügt. 21 bis 23 Arbeitsstunden liegen in 35 bis 45 Minuten Konzertmusik. Ungefähr eine Woche dauert es, bis das Konzert abgerufen werden kann. Peter Adamik, hoch geschätzt für seine zahlreichen Fotos bekannter Musiker, steuert sein Knowhow bei.

Den Künstlern entstehen keine Kosten. Stattdessen erhalten sie fünfzig Prozent der Einnahmen und das Video für eine spätere Promotion. Die anderen fünfzig Prozent der Einnahmen erhalten die Organisatoren. Betroffen von dem eingestellten Kulturbetrieb sind sie schließlich alle. Come Closer hilft jedem von ihnen.

Die Plattform wird gut angenommen, auch ARTE und der rbb berichteten bereits darüber. Sie soll auch in Nach-Corona-Zeiten weitergeführt werden..

So sollte jeder, dem die Vielfalt des Kulturbetriebs am Herzen liegt, nicht nur einen Blick auf Come Closer werfen, sondern beginnen, in kleinem und feinem Rahmen die Live-Konzertalternative zu genießen und dabei Gutes zu tun.

Hier geht es zu den Konzerten

Bei Verwendung des Textes bitte Quelle angeben bzw. verlinken.

Ein Gedanke zu „Statt Kino: Come Closer. In Zeiten des kulturellen Shutdowns lockt ein neues Konzertformat“

  1. Pingback: Ein Moment mit … Pianistin Julia Rinderle – Feuilletonscout. Das Kulturmagazin für Entdecker

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert