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Deutschlandpremiere mit Salman Rushdie: „Knife – Gedanken nach einem Mordversuch“ im Deutschen Theater Berlin

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„Wenn du in einen Messerkampf gehst, solltest du ein Messer mitbringen.
Ich verstehe nichts von Messern oder Waffen, dafür aber von Worten.“
Salman Rushdie bei der Buchpremiere von »Knife« am 16. Mai 2024

Von Birgit Koß.

Veranstaltet durch das Internationale Literaturfestival Berlin*, stellte Salman Rushdie letzte Woche sein neustes Buch „Knife – Gedanken nach einem Mordversuch“ im Deutschen Theater in Berlin vor. Die Festivalleiterin Lavinia Frey sagte, mit dieser Veranstaltung wolle sie „die Freiheit des Wortes garantieren, das, was eine Selbstverständlichkeit sein sollte“ und doch einen hohen Sicherheitsaufwand und sicherlich viel Überwindung auf Seiten des Autors gekostet hat.

Wir erinnern uns: Salman Rushdie wurde 1981 mit seinem Roman „Mitternachtskinder“ weltbekannt, für den er den Booker Prize erhielt. Für sein Werk „Die satanischen Verse“ rief Ajatollah Chomeini 1989 die Fatwa aus. Inzwischen kann Salman Rushdie auf 23 Veröffentlichungen zurückblicken, davon 15 Romane. Den jüngsten, „Victory City“, hatte er kurz vor dem Attentat 2022 fertiggestellt, veröffentlicht wurde er erst danach. Auf Grund seiner schweren Verletzungen, musste dieser Roman ohne Veranstaltungen des Autors seinen Weg in die Welt finden. Ums so mehr freut er sich nun wieder sein Publikum zu „sehen“- Salman Rushdies rechtes Auge ist unwiederbringlich durch das Attentat verloren und das linke hat starke Sehprobleme. Schließlich sei das Schreiben von Romanen ein sehr einsames Geschäft über einen langen Zeitraum und die Lesereisen danach eine wahre Wohltat…

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Salman Rushdies »Knife. Gedanken nach einem Mordversuch« am 16. Mai 2024 im Deutschen Theater Berlin © Phil Dera/ internationales literaturfestival berlin

Wir erinnern uns weiter; etwa zehn Jahre nach der Fatwa hatte Salman Rushdie versteckt in London im Untergrund gelebt – schwer bewacht. Diese Zeit reflektiert er in seinem Roman „ Josef Anton“. Dann zog er in die USA und trotz diverser Summen, die auf seinen Kopf ausgesetzt waren, wurde die Gefahrenlage für gering eingeschätzt und Salman Rushdie führte etwa 24 Jahre wieder ein „normales“ Leben. Dies zerbrach am 12. August 2022 bei einer Veranstaltung im Amphitheater von Chautauqua und damit beginnt sein neues Buch.

Salman Rushdie erzählt in zwei Teilen: „der Engel des Todes  und „der Engel des Lebens“. Er beschreibt das Geschehen nicht chronologisch und gradlinig sondern lässt – wie immer – seine Gedanken mäandern und erlaubt sich, frei zu assoziieren. So würde nun einmal sein Verstand arbeiten. Und doch erfahren wir sehr genau, wie der Angreifer in 27 Sekunden 15-mal mit dem Messer zusticht. Der blutüberströmte Autor bricht zusammen, dann greifen mutige Menschen auf der Bühne und aus dem Publikum ein und überwältigen den Attentäter. Salman Rushdie wird in ein Krankenhaus geflogen – die Ärzte schätzen seine Überlebenschance für gering ein, auch nach zahlreichen Operationen. Doch das Wunder geschieht. Auf die Frage, ob er nun an Wunder oder das Übernatürliche glaube, antwortete Salman Rushdie, er habe manchmal das Gefühl, dass die vielen Wunder und Geister, die seine Romanwelten bevölkern, in seine Realität gestiegen seien. Aber er sei und bleibe ein überzeugter Atheist. Ganz sicher glaube er aber an das Wunder der Liebe. Und dieses nimmt auch den größeren Teil seines neuen Buches ein. Er beschreibt seine Beziehung zu seiner Ehefrau Rachel Eliza Griffiths, mit der er seit sieben Jahres zusammenlebt und in die er sich beim ersten Treffen „Knall auf Fall“ verliebt hatte. Ihre  starke Liebe und bedingungslose Fürsorge sowie die seiner Kinder und Familie und die Unterstützung weltweit durch Freunde, Kollegen und seine Leserschaft haben einen wesentlichen Teil zur Heilung beigetragen.

Wir erfahren in „Knife“ von Salman Rushdies gedanklicher Auseinandersetzung mit dem Attentäter und seinen Überlegungen dazu, ob er ihn treffen sollte, um mehr über A, zu erfahren. Doch dann verwirft er diesen Gedanken. Der junge Mann, 24 Jahre alt, bekennt, nur etwa zwei Seiten von den Satanischen Versen gelesen zu haben, auch sonst keine Werk von Salman Rushdie zu kennen und nichts weiter über ihn zu wissen, außer das er ein „Teufel“ sei und sein Leben deshalb verwirkt habe. Indem Salman Rushdie über ihn schreibt, macht er sich seine Geschichte zu eigen und gewinnt somit die Oberherrschaft zurück. Sein Interesse an dem wirklichen Menschen sei inzwischen nicht mehr vorhanden bekennt er. Und dessen Motiv sei so schwach, das jeder Lektor ihm einen solchen Charakter um die Ohren gehauen hätte, wenn er ihn für einen Roman entworfen hätte.

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Cover: Penguin Verlag

Der Autor beschreibt den mühevollen Weg zur Heilung sowohl der Wunden als auch der Psyche. Er stellt sich der Frage wie es weiter geht – kann ich wieder Schreiben und wenn ja worüber? Nach einer gewissen Zeit wird ihm klar, dass er die Auseinandersetzung mit dem Attentat auch in schriftlicher Form führen will „Knife“ ist sein Messer mit dem er zurückschlägt gegen alle Verblendeten dieser Zeit –  und dass er erst danach frei sein wird für neue Geschichten.

Salman Rushdie ist in diesem Buch sehr ehrlich und extrem privat und doch darf man nicht alles glauben, denn eine wesentliche Seites dieses beeindruckenden Autors ist sein großartiger Humor, mit dem er beim Liveauftritt trotz der so überaus traurigen und berührenden Geschichte sein Publikum mehrfach zum Lachen gebracht hat und seine unglaubliche Kunst zu fabulieren.

Salman Rushdie
Victory City
Aus dem Englischen von Bernhard Robben
Penguin Verlag, München 2023
bei amazon
bei Thalia

Salman Rushdie
Knife – Gedanken nach einem Mordversuch
Aus dem Englischen von Bernhard Robben
Penguin Verlag, München 2024
bei amazon
bei Thalia

*Eine Veranstaltung des internationalen literaturfestivals berlin in Kooperation mit:
Deutsches Theater Berlin, Penguin Verlag, Blaues Sofa, Börsenverein des Deutschen Buchhandels

Bei Verwendung des Textes bitte Quelle angeben bzw. verlinken.

German premiere with Salman Rushdie: „Knife – Thoughts after an Attempted Murder“ at the Deutsches Theater Berlin 
Organized by the International Literature Festival Berlin, Salman Rushdie presented his new book „Knife – Reflections After an Attempted Murder“ at the Deutsches Theater last week. Festival director Lavinia Frey emphasized the importance of freedom of expression, which came with significant security measures and personal courage from the author.

Salman Rushdie became world-famous in 1981 with „Midnight’s Children,“ for which he received the Booker Prize. In 1989, Ayatollah Khomeini issued a fatwa against him for „The Satanic Verses.“ Rushdie has published 23 books, including 15 novels. His latest novel, „Victory City,“ was completed just before the 2022 attack that left Rushdie severely injured and was published afterward. Now, he is delighted to „see“ his audience again – despite losing his right eye and having severe vision problems in his left.

After the fatwa, Rushdie lived hidden in London for about ten years. Later, he moved to the USA, where he lived relatively normally for 24 years until the 2022 attack, which marks the beginning of his new book. In „Knife,“ Rushdie narrates in two parts – „The Angel of Death“ and „The Angel of Life.“ He describes the attack, during which he was stabbed 27 times, and his challenging recovery.

Despite his experiences, Rushdie remains a staunch atheist but believes in the „miracle of love,“ which he explores in his book. He details the support from his wife, Rachel Eliza Griffiths, his family, and his worldwide community as crucial factors in his healing process.

In „Knife,“ Rushdie intellectually engages with his attacker. The young man, who had only read two pages of „The Satanic Verses,“ saw Rushdie as a „devil.“ By writing about the attacker, Rushdie regains control but expresses no further interest in him.

The book outlines Rushdie’s arduous healing process and his thoughts on the future of his writing. „Knife“ serves as his means to strike back against fanaticism and to free himself for new stories. In this work, Rushdie is candid and personal while retaining his remarkable sense of humor.

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