Von Barbara Hoppe.
Manz, Kriminaldirektor a.D. heißt einfach nur Manz. Vor rund dreißig Jahren kam er von Berlin nach Dresden, wo er Karriere im Polizeidienst machte. Jetzt scheint es, holt ihn die Vergangenheit ein. Die Berliner Staatsanwalt rollt den letzten Fall, den er mit seiner Kollegin Vera in der Hauptstadt bearbeitete, neu auf. Manz ermittelte damals nicht weiter, weil er nach Dresden ging, Vera starb wenige Wochen später. Nun scheint der Mörder gefunden, Manz soll vor Gericht aussagen.
Obwohl es nicht erlaubt ist, schickt ihm ein treuer Ex-Kollege Kopien der Akten. Und Manz versinkt in der Vergangenheit. Wer hat Regina Zeisig damals so brutal erstickt? Einer der beiden Söhne? Der Neffe? Oder der junge Ungar Milán, der inzwischen verheiratet und nun des Mordes angeklagt ist? Ein Motiv hätten sie alle gehabt, denn Regina Zeisig war wohlhabend und nicht gerade beliebt. Manz vergräbt sich in den alten Fall, versucht, die Gespräche und Schlussfolgerungen von damals zu rekapitulieren. Doch mit dem Aufleben der Vergangenheit kommt noch etwas anderes hinzu: Manz muss sich mit seinem eigenen Leben auseinandersetzen. Mit seiner Versetzung nach Dresden, seinem Vorruhestand, seiner Familie und seinem beschaulichen Leben in einem Vorort der Elbstadt.
Matthias Wittekindt konzentriert sich seit 2011 auf das Schreiben von Kriminalromanen. Der Dramatiker und Regisseur versteht sich dabei ganz hervorragend auf das Schaffen von Spannung ohne Action. Im Falle von „Vor Gericht“ heißt das: Ganz ruhig verläuft das Studium der alten Akten, deren Geschehnisse er in Rückblenden erzählt. Dabei sieht sich Manz immer wieder mit seinen vergangenen Handlungen konfrontiert, die unweigerlich eine Brücke in die Gegenwart und sein Privatleben bilden. Dialogreich und wirklichkeitsnah lässt der Autor seine Figuren agieren. Und lässt uns Leser nachdenklich zurück: Wie genau können wir nachvollziehen, was wirklich in unserem Leben passiert? Wie viele Lücken lässt es in uns zurück?
Matthias Wittekindt
Vor Gericht
Ein alter Fall von Kriminaldirektor a.D. Manz
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