Der erste Fall von Detective Strafford führt in Irlands Provinz im Jahr 1957.
Rezension von Barbara Hoppe.
Krimis aus dem Goldenen Zeitalter der Kriminalromane – die meist britischen aus den Jahren zwischen den Weltkriegen – haben ihren ganz eigenen Charme. Obwohl sich das Setting immer ein bisschen ähnelt, sind sie unterhaltsam, mit einem Hauch Exzentrik, spannend und natürlich verwickelt. Auf den ersten Blick könnte keiner aus der stets überschaubaren Verdächtigenrunde der Täter sein, beim zweiten Hinsehen jeder und schließlich ist es der, mit dem man am wenigsten gerechnet hat. Alles wie immer und alles, wie immer, ein Lesegenuss.
JB Lawless, dieses geschlechtsneutrale Pseudonym eines Autors, versucht sich in der Tradition dieser erfolgreichen Geschichten. Anders als die Vorbilder, führt uns „Tod in der Bibliothek“ jedoch ins ländliche Irland im Jahr 1957. Hier wird in dem etwas bröckeligen Herrenhaus von Colonel Osbourne Father Tom übel zugerichtet in der Bibliothek aufgefunden. Detective Strafford aus Dublin wird geschickt, den Fall zu lösen. Immerhin ist er in der Gegend aufgewachsen und kennt die örtlichen Begebenheiten.
Diese sind dann aber auch der große Hemmschuh des jungen Mannes. Zur Höflichkeit erzogen, respektvoll gegenüber den örtlichen Gegebenheiten, vor allem den katholischen Hierarchien gegenüber in Person des Erzbischofs und des Colonels, schleicht der protestantische Detective Strafford vorsichtig und etwas profillos durch die eisige und vom Dauerschneefall heimgesuchte Landschaft, ohne wirklich voranzukommen. Befragungen verlieren sich in Andeutungen, denen nicht nachgegangen wird. Der Polizeiapparat ist alles andere als einheitlich. Hier werkeln Einzelgänger, kein Team. Die Damen der Umgebung gieren nach Abwechslung in Gestalt des jungen Detectives, der ein wenig hilflos der Situation ausgeliefert ist. Unterschwellig schwelt zudem der Hass zwischen Katholiken und Protestanten.
Was vielversprechend beginnt, verliert sich im ersten Fall des Dubliner Detectives im Schnee Irlands. Die Landschaft liegt erstarrt, eisige Temperaturen verhindern einen Hauch von Wärme. Hier ist alles kalt: Das Haus, die Menschen, ihre Beziehungen zueinander. Selbst der vordergründig beliebte, jetzt tote, Kirchenmann birgt ein übles Geheimnis, das am Ende seinen Tod erklärt. Auf das klassische „Who dunnit“ – Finale verzichtet JB Lawless jedoch. In Rückblenden und Vorausschauen erklärt sich der in Andeutungen verharrende Kriminalroman schließlich, von dem der Leser ein bisschen mehr Biss, ein bisschen mehr Exzentrik, ein bisschen mehr Spannung und ein bisschen mehr Persönlichkeit erwartet hätte.
JB Lawless
Tod in der Bibliothek
Kiepenheuer & Witsch, Köln 2019
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