Von Barbara Hoppe.
Die besten Geschichten schreibt bekanntlich das Leben. Das hat sich auch Petra Hartlieb gedacht. Die in München geborene Autorin wuchs in Oberösterreich auf, arbeitete als Pressereferentin und Literaturkritikerin in Wien und Hamburg, bevor sie 2004 eine Traditionsbuchhandlung in der Wiener Währinger Straße übernahm. Man darf also vermuten, dass Petra Hartlieb eine gute Vorstellung davon hat, wie es mit der österreichischen Politik und dem Klüngel auf den Etagen der Macht vor sich geht. Nicht zuletzt die Affäre mit und um Sebastian Kurz, dem jüngsten Bundeskanzler aller Zeiten, hat offen gelegt, wie korrupt und skrupellos so mancher Politiker ist.
Der Blick ins Zentrum der Macht
Bester Stoff also für einen Krimi. Und den legt uns Petra Hartlieb mit „Freunderlwirtschaft“ nun vor. Parallelen zu den wahren Begebenheiten sind nicht zu übersehen. Auch bei ihr gibt es den sehr jungen Kanzler. Es gibt jede Menge Korruption. Allerdings gibt es bei ihr auch eine Leiche: Der Landwirtschafts- und Tourismusminister Max Langwieser liegt tot in seiner schicken Wohnung im 8. Bezirk. Seine Verlobte, Pressereferentin (!) im Wirtschaftsministerium, ist seither verschwunden und das Innenministerium ist eifrig bemüht, den Ball flach zu halten. Denn ob der Minister wirklich umgebracht wurde oder nur unglücklich gestürzt ist, lässt sich nicht so einfach sagen. Da fällt es leicht, die neue Hauptkommissarin Alma Oberkofler einzuschüchtern, sie zurückzupfeifen und selbst dem Verfassungsschützer das Leben schwer zu machen. Doch Alma bleibt hartnäckig.
Petra Hartlieb schreibt einen guten, soliden Krimi, bei dem es Freude macht, die Parallelen zum großen Skandal zu erkennen und voyeuristisch durch das Schlüsselloch ins Zentrum der Macht zu lugen. Gekonnt setzt sie die Technik moderner Fernsehserien ein: Statt einer stringent erzählten Ermittlungsarbeit entwirft die Autorin mehrere Handlungsstränge gleichzeitig. Der Blick in Almas Vergangenheit erklärt ihren Berufswunsch, Polizistin zu werden. Weitere Rückblicke entwirren, wie es zu dem Geflecht aus Korruption und Gefälligkeiten zwischen Politik und Journalismus gekommen ist und führen in die erzählte Gegenwart. So entsteht aus dem Roman mit seiner „Whodunit“-Spannung auch ein interessantes Bild der österreichischen Gesellschaft und ihrer Parteienlandschaft. Ein Bild, von dem man nach Ende der Lektüre nicht glauben mag, dass es ein für alle mal ausgelöscht ist.
Petra Hartlieb
Freunderlwirtschaft
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“Freunderlwirtschaft” by Petra Hartlieb. Exciting parallels to the Sebastian Kurz affair
Petra Hartlieb, a Munich-born author who grew up in Upper Austria and later worked as a press officer and literary critic in Vienna and Hamburg, took over a bookstore in Vienna in 2004. Her experiences and insights into Austrian politics and its entanglements are now reflected in her crime novel “Freunderlwirtschaft.” The novel is clearly based on real events, particularly the political scandals surrounding former Chancellor Sebastian Kurz.
In the story, the Minister of Agriculture and Tourism, Max Langwieser, is found dead in his apartment, and his fiancée, a press officer, has disappeared. The Ministry of the Interior tries to cover up the incident. However, the new chief inspector, Alma Oberkofler, refuses to be intimidated and persistently pursues the investigation. Hartlieb skillfully intertwines various plotlines, employing techniques from modern TV series to create a gripping portrayal of Austrian society and its political landscape. The novel is not only a thrilling crime story but also a critical reflection on corruption and abuse of power.
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