… ich vertraute ihn Haruki Murakami an. „Birthday Girl“ ist ein kleines Kunstwerk. Von Barbara Hoppe
Eine junge Frau hat Geburtstag. Sie wird zwanzig. Doch statt an diesem Tag zu feiern, muss sie arbeiten. Sie ist Kellnerin in einem Hotelrestaurant. Und um punkt zwanzig Uhr schiebt sie den Wagen mit Hühnchen und Gemüse vor das Zimmer 604. Dort wohnt der Besitzer des Hauses, den sie und ihre Kollegen noch nie gesehen haben. Es öffnet ihr ein kleiner, älterer, sehr gepflegter Herr, der sie wider Erwarten hineinbittet. Er erfährt, dass sie Geburtstag hat und gewährt ihr einen Wunsch. Nur einen, den er ihr erfüllen wird. Doch sie kann ihn nicht rückgängig machen.
Wäre Haruki Murakami Maler, so hätte er die Fähigkeit, mit nur wenigen Strichen ein Meisterwerk zu zeichnen. So gelingt es ihm in diesem schmalen Band mit wenigen Worten fünf außergewöhnliche Minuten im Leben zweier Menschen zu entwerfen. In ihrer ganzen Schlichtheit entwickelt die Situation eine unbeschreibliche Sogwirkung. So plötzlich, wie sie kam, so plötzlich ist sie wieder vorbei. Die Tür ist zu und das Geschehene schwebt im Raum, sanft nachklingend.
Es ist großartig, dass der Verlag entschied, dieser zauberhaften Geschichte auch einen würdigen Rahmen zu geben. Die Illustratorin Kat Menschik wählte Rot in allen Nuancen, um ihre großen Motive im kleinen Buch in Szene zu setzen. Und unterstreicht damit eindrücklich das Phantastische der ungewöhnlichen Konstellation, das Surreale des Szenarios. Auf erstklassigem, festen, matt glänzendem Papier gedruckt, hält man mit „Birthday Girl“ ein Schmuckstück in der Hand.
Haruki Murakami
Birthday Girl. Eine Erzählung
Aus dem Japanischen von Ursula Gräfe
DuMont Buchverlag, Köln 2017
„Birthday Girl“ bei amazon
Coverabbildung ©DuMont Buchverlag
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