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Paul Klee in München und Kochel

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Literarisch steht München derzeit ganz im Zeichen von Doktor Faust. Bildnerisch jedoch wuchert die Welt von Paul Klee durch die bayrische Hauptstadt bis an den Kochelsee. Eine Einladung in das Labyrinth des Künstlers einzutreten. Doch Vorsicht! So leicht finden Sie nicht wieder hinaus. Von Stephan Reimertz

Abstraktion. Labyrinth. Schein-Kindlichkeit. Miniaturismus. Abkürzung. Balance. Bewegung. Humor. Durchdringung von organischer und anorganischer Form. Geheimnis. Musik. Orientalismus. Das sind die ersten Eindrücke eines Betrachters, der sich mit einem Bild von Paul Klee konfrontiert. Die große Retrospektive in der Münchner Pinakothek der Moderne vermittelt nun ein umfassendes Bild dieses einzigartigen künstlerischen Werks. Unter dem Titel Konstruktion des Geheimnisses werden neben eigenen Beständen 120 Leihgaben aus aller Welt gezeigt. Parties, Kochen, Ballett, Kinder- und Abendführungen, Ausflüge, Filme, Konzerte und ein Symposion bilden ein umfangreiches Rahmenprogramm. Sogar ein Familienworkshop und ein »Wahrnehmungslabor« versuchen neue Wege der Annäherung an dieses unvergleichliche Werk zu beschreiten. Ohnedies ist ganz München eine künstlerische Volkshochschule. Die erste Klee-Retrospektive in der Pinakothek der Moderne stellt Klee als »denkenden Künstler« in den Mittelpunkt, zeigt ihn vor allem auch in Anlehnung und Widerspruch zum Bauhaus, an dem er Professor war, und zu den neuen anorganischen Formen der Moderne. Das Museum präsentiert ihre Klee-Retrospektive recht geschickt, die Exponate sind in Räumen von wechselndem, rhythmisch verändertem Zuschnitt plaziert.

Die Galerie Thomas widmet sich Paul Klees Beziehungen zur Musik

Die Galerie Thomas gegenüber der Pinakothek zeigt zugleich eine aufregende Kammerausstellung, die sich auch vorzüglich als Einführung in Klees künstlerisches Werk eignet. Ich war schon drei oder vier Mal hier, weil ich mich vor allem von den Handpuppen, die Klee für seinen Sohn anfertigte, nicht losreißen kann. Sie sind von einem Witz und einer schrägen Schönheit, die man erlebt haben muss. Nachbildungen könnte man mit Sicherheit erfolgreich fürs Kasperltheater verkaufen. Sie würden Kindern einen leichten Eintritt in Klees künstlerische Welt verschaffen. Die vermeintliche Kindlichkeit im Werk gerade dieses Künstlers machte ihn von jeher zu einem Liebling der Kunstpädagogik. Doch bevor wie in die Klee-Räume der Galerie eintreten, kommen wir in einen Ausstellungsraum mit bunten Bildern des New Yorker Künstlers Peter Halley, die nichts anderes sind als vergröberter Klee, und die der Kunsthändler wohl nicht ohne Grund gerade jetzt präsentiert. Es folgt eine Art Studienraum mit einführenden Schrifttafeln, Büchern und einem sehr instruktiven Film aus dem Programm von Arte, der sowohl die Methodik Klees als auch die Epochen seiner Arbeit analysiert. Treten wir durch einen Vorhang, öffnet sich uns sodann die Welt von Paul Klees subtilem und magischem Kunsttheater. Die dämonischen Handpuppen und das Blatt mit der Fiordiligi aus Così fan tutte bilden die Kraftzentren dieser besonderen Ausstellung, die einerseits aus Leihgaben, andererseits aus Blättern besteht, die zum Verkauf stehen. Paul Klee, das lernen wir in dieser lehrreichen Ausstellung der Galerie Thomas, war nicht ohne künstlerische Folgen Sohn eines Musiklehrers und einer Opernsängerin. Immer wieder ironisiert der Künstler, der selbst täglich musizierte, auch die Welt der Musik. Ein paar seiner abstrakten Zeichnungen in der Ausstellung lesen sich wie Partituren von John Cage. Sicher hören viele Betrachter Musik, wenn sie Bilder von Paul Klee betrachten.

Paul Klee, Orient-Fest, 1927 Öl auf Leinwand, 30 x 58,5 cm Fondazione Gabriele e Anna Braglia, Lugano Foto: Christoph Münstermann

 

Landschaften von Paul Klee im Franz-Marc-Museum in Kochel

An einem saibling- und renkenreichen Moorsee liegt der oberbayrische Ort Kochel. Er wurde durch die Kunstgeschichte so bekannt, dass man ihn nicht weiter vorstellen muss. Das Franz-Marc-Museum wartet immer wieder mit überraschenden Ausstellungen auf, abgesehen von seinem phantastischen eigenen Bestand. Im Zusammenhang mit der Klee-Ausstellung im Haus der Kunst in München präsentiert das wie hingemalt am Berg über dem Kochelsee prangende Museum eine Ausstellung mit Landschaften von Paul Klee mit über sechzig Exponaten von verschiedenen Leihgebern. Es finden sich hier so unterschiedliche Blätter wie das Orient-Fest von 1927, wo der Künstler in geradezu montonem Rot vereinzelte Häuser und abstrahierte Bäume zusammensetzt, oder den Gedanken an die Schlacht, in dem Klee sich im Kriegsjahr 1914 das Chaos der Schlacht darstellt, sich dabei aber virtuos auf Blau-, Rot- und Brauntöne beschränkt. Auch in Kochel lernen wir die ungeheure Vielfalt dieses Künstlers neu kennen und genießen diese intelligent und liebevoll ausgewählten Arbeiten im Zusammenhang der einzigartigen ständigen Sammlung des Franz-Marc-Museums.

Paul Klee. Konstruktionen des Geheimnisses
Ausstellung bis zum 10. Juni 2018
Pinakothek der Moderne
Sammlung Moderne Kunst
Barer Straße 40
80333 München

Öffnungszeiten
Täglich außer montags: 10 bis 18
donnerstags: 10 bis 20 Uhr
Geöffnet auch Ostermontag (02. April 2018) und Pfingstmontag (21. Mai 2018)
Am 01. Mai 2018 ist das Museum geschlossen.

Dienstag bis Samstag 15 Euro / 10 Euro
Sonntag 9 Euro /7 Euro

Paul Klee. Musik und Theater in Leben und Werk
Ausstellung bis zum 12. Mai 2018
Galerie Thomas
Türkenstraße 16
80333 München

Öffnungszeiten:
Montag bis Freitag: 9 bis 18 Uhr
Samstag: 10 bis 18 Uhr

Paul Klee. Landschaften
Ausstellung bis zum 10. Juni 2018
Franz Marc Museum
Franz Marc Park 8-10
82431 Kochel am See

Öffnungzeiten
täglich außer montags: 10 bis 17 Uhr

8,50 Euro/6 Euro

 

 

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