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Richard Wagners Sommerspaß 2024: Kinderoper in Bayreuth

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Der fliegende Holländer als kurzweiliges Kinderoper-Erlebnis-Spektakel am östlichen Grünen Hügel Park. Von Barbara Röder.

„Jetzt hab‘ ich endlich mal den “Holländer“ verstanden“, flüstert Oma Waltraut ihrer Enkelin Helene ins Ohr. Beide sitzen hinter mir im wohlig, heimelig anmutenden, prall gefüllten Probebühnenraum 4. Alle Kinder sind schick gekleidet, nahezu festlich. Tosender Applaus übertönte das weitere Gespräch hinter mir, denn „Der fliegende Holländer“ stand in einer witzig, gut verständlichen und spielerisch bunten Kinderoper-Version auf dem morgendlichen Spielplan der Bayreuther Festspiele.

Ein musikalisches Feuerwerk: Das Brandenburgische Staatsorchester unter Azis Sadikovic

„Wagner für Kinder“ heißt das jährliche Knallbonbon, das diesmal mit einer eigens für Kinder erstellte Fassung von Richard Wagners „Der fliegende Holländer“ für Furore sorgte. Und dies zehn ganze Mal! Wie bereits in den Vorjahren musizierte das Brandenburgische Staatsorchester Frankfurt (Oder) unter dem Dirigat von Azis Sadikovic, der mit Feinsinn den rauschend, geballtem Klang aus der Hinterbühne fluten ließ. Der israelische Regiestudent Kerem Hillel bot alles auf, was sich echte Wagnerianer und die, welche werden wollen, erträumen: einen prominent besetzten, auf sehr hohem Niveau changierende Kinderoper-Holländer mit Tiefgang und begeisternder Spielfreude.

Ein Papagei und große Gefühle: Der Holländer als Kinderliebling

„Wie?“, fragt Senta. „Der Mann ist Kapitän wie ich, und er hat einen Vogel“, sagt ihr Vater Darland bedeutungsvoll. Im „Holländer“ sind eh alle ein bisschen seltsam gaga, nicht Lady Gaga natürlich. Doch jetzt von vorn. Links auf der Bühne lugt ein Stück Boot aus der Wand. Ratzt da einer? Ja klar, wie in der richtigen Oper fallen dem „Südwind-Singsang-Steuermann“ die Augen zu. Zu viel an Deck bei stürmischer Nacht, Heimweh und Sehnsucht nach seinem Mädel. Daniel Jenz, sonst Hirte im „Tristan“ hat‘s voll drauf. Sein kraftvoll heller Tenor stimmt ein in die verzwickte Story um zwei, die sich finden müssen, und ein Happy End gibt’s eh in dieser Kinderoper “Holländer“. Einmal hat der Steuermann nicht aufgepasst und wird von Darland liebevoll ermahnt, doch auf das zu achten, was so über das Meer kreucht und fleucht. Darland der Kapitän ist blank, klamm und braucht Kohle. Da nützt auch kein blitzblank leuchtender Wunschstein am rechten Bühnenrand was. Wünschen kann sich jeder was, auch ein Taylor Swift Konzert! Aber in Kinderopern werden ja Träume wahr.

Die von dem Holländer und Senta. Bevor dieser crazy Genosse auftaucht mit seinem Hit „Die Frist ist um“, der Holländer ist gemeint, müssen die Kinder diesen auch noch rufen. Das tun sie mit voller Freude und laut, sehr laut und begeistert! Michael Kupfer-Radecky ist dieser Holländer, der nicht nur Sänger ist, sondern er leiht seinem nörgeligen Handpuppen-Papagei die Stimme. Diese quirlige Handpuppe klebt am Holländer wie eine liebevolle Klette und kommentiert das Geschehen. Er will nicht nach sieben Jahren Irrfahrt und kurzer Pause an Land wieder aufs Meer. Ein Holländer mit Vogel und großer Sehnsucht nach Ruhe und Liebe ist plausibel und erfüllt ein Kinderherz. Keck aus dem großen Umhang hervorgeholt sorgt dieser freche, gefiederte Holländer-Gefährte auch für genüssliches Schmunzeln bei den Erwachsenen, die neben den adrett gekleideten Jung-Wagnerianern saßen.

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Kinderoper in Bayreuth: “Der fliegende Holländer (c) David Mews

Starke Stimmen und große Emotionen: Die Besetzung der Kinderoper

In Kerem Hillels schlüssiger Inszenierung werden die Kernthemen und Fragen des „Fliegenden Holländer“ nicht vernachlässigt: Sehnsucht, Liebe, wo finde ich Geborgenheit bei einem Menschen und wo ist echte Heimat. Dass der Chor komplett fehlt, entzieht dem Ganzen den Gruselfaktor. Seis drum. Es passt vorzüglich.

Die Seemannsbraut Brit-Tone Müllertz singt mit kräftiger Geschmeidigkeit und voluminöser Ausgewogenheit die liebessehnsüchtige Senta. Ihr ist es definitiv zu öde im kleinen Fischernest und zieht mit dem Holländer weg über die raue See. Papa Daland, Lucas Singer, ist ein Charmebolzen mit süffig rundem Bass und leider, alle wissen es, bankrott. Er wird trotzdem von allen geliebt. Gerne gibt er seine Tochter Senta dem Holländer zur Braut. Denn auch er weiß, wie es ist, ohne Haus und Frau zu sein. Leider hat der liebeskranke Erik das Nachsehen, obwohl Martin Koch als dieser so beseelt, schön singt und agiert. Senta will eben den Holländer. Basta! Die Mezzosopranistin Alexandra Ionis zeigt als vorzügliche Mary, welch wunderbare Qualitäten ihr samtiger Mezzo besitzt. Sie ist eher eine gute Freundin Sentas als ihre strenge Gouvernante. Berauscht von üppigem Holländer-Klang und zu herzgehender Spielleidenschaft, die gefangen nahm, strömten die kleinen und großen Gäste nach der Show nach Hause. Zuvor wurde das gesamte Ensemble enthusiastisch gefeiert. Einige hatten es aber eilig, denn sie hatten Parsifal-Tickets für die Vorstellung um 16 Uhr.

Epilog

Die Pforten sind geschlossen, die Zukunftspläne und Inszenierungsträume der Bayreuther Festspiele für 2025 und 2026 kreisen im Netz. Die Bestellformulare für die nächste Auflage des traditionsträchtigen, stets sich im Wandel befindlichen Sommerfestivals, sind online. Und es gibt neue Pläne und Veränderungen für die Zukunft.

Festspielchefin Katharina Wagner wünscht sich zwei Neuproduktionen pro Sommer herauszubringen, die dann kürzer terminiert sind. 2026 steht ein großes Fest an: 150 Jahre Bayreuther Festspiele. „Rienzi“ soll zum Werkkanon mit „Der fliegende Holländer“, „Tannhäuser“, „Meistersinger“, „Lohengrin“, „Tristan und Isolde“, die vier „Ring“-Stücke und der „Parsifal“ hinzukommen. Die restlichen beiden Wagner-Opern „Die Feen“ und das „Liebesverbot“ werden zurückgestellt.

Festspiele 2025: Neuproduktion von “Die Meistersinger von Nürnberg”

Nächstes Jahr eröffnen die Festspiele am Freitag, den 25. Juli 2025, mit einer Neuproduktion von “Die Meistersinger von Nürnberg” unter der musikalischen Leitung von Daniele Gatti und in der Regie von Matthias Davids. Am 24. und 26. August sind im Rahmen einer Wiederaufnahme von “Parsifal” Pablo Heras-Casado am Pult und Elīna Garanča als Kundry zu erleben. “Lohengrin”, dirigiert von Christian Thielemann, mit Piotr Beczala in der Titelpartie, wird ab dem 1. August vier Mal zu sehen sein, “Tristan und Isolde” mit Andreas Schager ab dem 3. August fünf Mal.

Spielplan für 2025

Zum letzten Mal: Der “Ring des Nibelungen” von Valentin Schwarz
Der “Ring der Nibelungen” in der Regie von Valentin Schwarz unter der musikalischen Leitung von Simone Young wird 2025 letztmals in zwei Zyklen zu sehen sein (Zyklus 1 ab dem 26. Juli, Zyklus 2 ab dem 15. August).

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Richard Wagner’s summer fun 2024: children’s opera in Bayreuth

Grandma Waltraut whispers to her granddaughter Helene, “Now I finally understand the Holländer.” They sit in the packed rehearsal stage 4, watching a children’s version of “The Flying Dutchman” at the Bayreuth Festival. This special adaptation for kids was performed ten times to great acclaim. The Brandenburg State Orchestra, conducted by Azis Sadikovic, provided the musical backdrop, while student director Kerem Hillel made the opera humorous and accessible.

Children actively participated, calling the Dutchman to the stage. Michael Kupfer-Radecky excelled as the Dutchman, accompanied by a cheeky hand puppet parrot that brought plenty of laughs. Senta, sung by Brit-Tone Müllertz, dreams of a life with the Dutchman, while her father Daland, played by Lucas Singer, remains charming despite his financial troubles.

In the end, the ensemble received enthusiastic applause, and both young and old guests left with smiles. Some hurried off, as they had tickets for “Parsifal” later that afternoon.

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