Rezension von Barbara Hoppe
Wenn man die große, lichte Halle des modernen Wallraf-Richartz-Museums im Herzen von Köln betritt, ahnt man nicht, dass man nur Minuten später sehr sinnlich in die Welt der Dunkelheit und des Lichts des Godefridus Schalcken (1643 – 1706), eintreten wird. Der Weg führt ins Untergeschoss durch eine Glastür und kaum hindurchgetreten, taucht man ein in ein Dämmerlicht, dass durch die Bilderlampen entsteht, ganz so, wie es die Kerzen in den Werken des barocken Malers tun.
Gemalte Verführung
Ein Drittel aller Arbeiten von Godefridus Schalcken sind in der aktuellen Ausstellung „Gemalte Verführung“ im Kölner Wallraf-Richartz-Museum zu sehen, darunter 26, die zum ersten Mal öffentlich gezeigt werden. Und sie ist wahrhaft gelungen. Von Bild zu Bild wandernd, bleibt man immer wieder staunend stehen ob der Meisterschaft des Malers, Licht und Dunkel abzubilden, in einer Kunstfertigkeit, die keinen Pinselstrich erkennen lässt. Mit Herzklopfen nähert man sich endlich dem berühmten Bild des „Briefe lesenden Mädchens bei Kerzenlicht“ das den Betrachter aus dem kleinen Rahmen anlächelt. Ja, es ist meisterhaft. Doch das ein Jahr später, 1690, entstandene Bild „Dame bei Kerzenlicht vor einem Spiegel“ berührt dann überraschenderweise viel stärker – nicht, wegen des Lichts, sondern wegen der alten, den Spiegel haltenden Frau mit ihren individuellen Zügen, die sich so wohltuend vom runden, kugeläugigen Schönheitsideal der Zeit unterscheidet. Etwas flapsig schießt der Gedanke durch den Kopf: „Der Schalcken, der hat echt noch mehr drauf als Licht und junge Frauen“. Das hat er, zweifellos. Gekonnt spielt er mit der Symbolik der Zeit wie bei der „Heringsverkäuferin“, setzt große Damen mit Liebe zum Detail in Szene wie im Portrait der üppigen Elisabeth Tallyarde kurz nach ihrer Hochzeit nebst der kaum weniger üppigen Frau Mama und schuf Bilder mit biblischen und mythologischen Motiven.
Der höchst informative Film erklärt alles zu seiner Maltechnik und man staunt über die Arbeitsweise des Künstlers: Während er am helllichten Tag in seinem Atelier stand, saßen seine Modelle im dunklen Raum mit Kerze, in den Godefridus Schalcken mittels Guckloch schaute und so seine stimmungsvollen Bilder aus einer originalen Umgebung schuf.
Feuilletonscout empfiehlt:
Eine fantastische Ausstellung, die uns das Leben, die Kunst und die Meisterschaft des barocken Malers Godefridus Schalcken auch sinnlich erfahrbar näher bringt und ihn zurecht aus der Vergessenheit ins schönstes Licht taucht. Diese Ausstellung sollte man nicht verpassen!
Schalcken. Gemalte Verführung
Ausstellung bis zum 24. Januar 2016
Katalog zur Austellung: „Schalcken: Gemalte Verführung“
WALLRAF-RICHARTZ-MUSEUM & FONDATION CORBOUD
Obenmarspforten
Am Kölner Rathaus
D-50667 Köln
Öffnungszeiten:
Dienstag bis Sonntag 10 – 18 Uhr
11 Euro/8 Euro
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Super Tipp! Hat mich sehr neugierig gemacht. Ich werde versuchen, auf meinem Rückweg aus der Normandie in Köln einen Zwischenstopp einzulegen und berichte Dir dann im Palladin.
Liebe Grüße, Klaus