Von Guido Krawinkel.
Zufall oder Absicht? Die drei Violinsonaten von Johannes Brahms entstanden alle in der Sommerfrische als der Komponist Urlaub machte: am Thuner See, der der zweiten Sonate auch ihren Beinamen einbrachte, oder am Wörthersee. Nicht das man das in den Sonaten irgendwie hören würde, eine bemerkenswerte Koinzidenz ist es aber dennoch.
Natalia van der Mersch und Olivier Roberti: Leidenschaft und Präzision
Die luxemburgische Geigerin Natalia van der Mersch hat nun alle Brahms-Sonaten zusammen mit dem Pianisten Olivier Roberti aufgenommen, bedeutende Stücke, die trotz Sommerfrische fast schon gewichtig klingen. Zuweilen geht hier selbst der steife Hanseat Brahms etwas aus sich raus, etwa im überaus heiter anmutenden Mittelsatz der zweiten Sonate. Da verströmt Brahms einen Hauch von Leichtigkeit und Unbeschwertheit, die bei ihm nicht so häufig anzutreffen sind. Van der Mersch und Roberti bringen das sehr treffend zum Ausdruck.
Perfektes Zusammenspiel mit Musizierlaune
Ihr Brahms ist profund aber auch frohgemut, heiter aber auch ernsthaft. Beide legen außer der rein technischen Perfektion eine große Leidenschaft an den Tag. Die Geigerin van der Mersch mit einem runden, romantisch aufgeladenen, aber nicht überkandidelten Ton, Pianist Roberti, indem er sich nie zu sehr in den Vordergrund drängt, als gleichberechtigter Partner aber immer präsent ist. Zusammen spielen die beiden die Brahms-Sonaten mit viel Tiefgang, aber auch einer gehörigen Portion Musizierlaune, sodass auch Sätze wie das erstaunlich kompakte Finale der zweiten Sonate oder das „mit Gefühl“ zu spielende Scherzo der dritten Sonate absolut stimmig wirken. Insgesamt stimmt die Mischung hier.
Natalia van der Mersch | Geige
Olivier Robierti | Piano
Brahms: Violin Sonatas
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