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Frau Huber ermittelt: Ihr erster Fall. „Walter muss weg“ von Thomas Raab

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Rezension von Barbara Hoppe.

„»Das Schönste im Leben ist die Freiheit, denn dann sagen wir: Hurra« fand da irgendeine Göre genau die richtigen Töne, dazu die sanfte Stimme Roy Blacks. Passender hätte dieser Tag wohl kaum beginnen können. Schwarz eben, wie auch die alte Huber selbst. Ihre Strümpfe, die Schuhe, das Kleid. Ein herrlich vielversprechendes Schwarz, lebensbejahend […]“

Wunderbar, dieser Beginn eines der schrulligsten Krimis dieses Herbstes. Geschrieben hat ihn der österreichische Schriftsteller, Komponist und Musiker Thomas Raab, der uns schon mit seinen Krimis rund um den Grazer Restaurator Willibald Adrian Metzger viel Freude bereitet hat (die ARD hat zwei davon exzellent verfilmt).

Nun also Frau Huber. Hannelore Huber. Ungefähr 70 Jahre alt und frisch verwitwet. Ihr Walter soll bei einem Waldspaziergang tot umgefallen sein (offizielle Version) bzw. beim Besuch des örtlichen Bordells das Zeitliche gesegnet haben (inoffizielle Version). Für Hannelore ist es einerlei. Hauptsache Walter ist nach 53 höllischen Ehejahren endlich weg. Ja, „Schön, ist es auf der Welt zu sein“, stimmt Hannelore Huber dem Roy Black zu. Besonders an diesem Morgen, an dem ihr Gatte endlich auf dem örtlichen Friedhof im beschaulichen Glaubenthal unter die Erde wandern soll. Die Freude währt jedoch nur kurz. Denn rrrrumms! rutscht der Sarg ungestüm in die Grube, springt auf und heraus purzelt eine Leiche, die definitiv nicht Walter ist. Entsetzen in der Trauergemeinde und eine heulende Frau in Schwarz, die definitiv nicht die Witwe ist.

Man muss es schon ein bisschen schräg mögen, wenn man „Walter muss weg“ zur Hand nimmt. Es ist kein klassischer Whodunnit-Krimi, auch keine österreichische Version von Miss Marple oder österreichische Folklore mit seichtem Krimi-Touch. Genau genommen ist es nicht einmal ein richtiger Krimi. Frau Huber ist grantelig, kauzig, wie eigentlich alle Glaubenthaler. Vorneweg der undurchsichtige Pastor Ulrich Feiler samt Köchin Luise Kappelberger, der mauschelnde Dorfarzt und Bürgermeister Kurt Stadlmüller, der knorrige, doch liebenswerte Friedrich Holzinger. Schrullig sind sie in dieser eigenartigen Streusiedlung Glaubenthal. Und sie benehmen sich ein bisschen zu merkwürdig angesichts des Walter-Debakels, das scheinbar nicht nur zwei Witwen hinterlässt, sondern auch ein paar dunkle Anzugträger mit Sonnenbrille – Marke Bodyguard – ins Dorf lockt. Hannelore Huber schaut zu, wundert sich und schreitet zur Tat. Was hat es mit dem verschwundenen Walter auf sich, den mysteriösen Umständen seines Todes und dem eigenartigen Gebaren der Dorfbewohner? Bevor Frau Huber die Entscheidung treffen kann, wirklich zu ermitteln, steckt sie schon mitten drin. Aus allem, was sie hört und sieht, setzt sich ein Bild zusammen. Ein Bild, in das die kleine Amelie Glück nicht so recht zu passen scheint. Dieses Mädchen ist so unglaublich reizend, wissend und (alt)klug, dass sie zwar das steinharte Herz der Frau Huber erwärmt, man aber trotzdem froh ist, dass ihr Thomas Raab den etwas dicklichen, todunglücklichen und frechen Kurti junior gegenüberstellt. So viel zuckersüßer Kinderliebreiz wäre doch zu viel des Guten.

Mit viel Ironie und schwarzem Humor stellt uns Thomas Raab seine Frau Huber vor. Ein bisschen Spannung ist dabei, keine Frage. Aber das Buch lebt von den Eigenheiten seiner Figuren. Wer kann, sollte Thomas Raab in einer Lesung hören. Schön, wie er der Geschichte mit seinem österreichischen Akzent eine eigene Note verleiht und seine Hannelore (mit Betonung auf dem „o“) bis zum überraschenden Ende durch das Dorf stapfen lässt. „Walter muss weg“ ist Frau Hubers erster Fall. Was kommt noch? Glaubenthal ist ein kleiner Ort. Irgendwann sind alle tot.

Thomas Raab
Walter muss weg. Frau Huber ermittelt. Der erste Fall.
Kiepenheuer und Witsch, Köln 2018
Bei Thalia oder für den Tolino
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Alle Lesungen von Thomas Raab: hier

Coverabbildung © Kiepenheuer & Witsch Verlag

 

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