Alles begann 1996 mit Richard Wagner. Die ersten FESTTAGE an der Staatsoper unter den Linden standen ganz im Zeichen seiner Ring-Tetralogie, die damals bereits in Bayreuth unter der musikalischen Leitung von Daniel Barenboim Erfolge feierte. Barbara Hoppe sprach mit dem Intendanten der Staatsoper, Matthias Schulz, über den jahrzehntelangen Erfolg des Festivals und was es so besonders macht.
Feuilletonscout: 1996 hat Daniel Barenboim die Festtage ins Leben gerufen. Welcher Gedanke stand und steht bis heute dahinter?
Matthias Schulz: Die FESTTAGE an der Staatsoper sind seit ihrer Gründung im Jahr 1996 ein Fixpunkt im Kulturkalender für Musikliebhaberinnen und -liebhaber aus der ganzen Welt. Angefangen hat alles mit einer programmatischen Ausrichtung auf die Werke Richard Wagners: Im Zentrum der ersten FESTTAGE stand die zyklische Aufführung von Wagners RING-Tetralogie, die in der Regie von Harry Kupfer und unter der musikalischen Leitung von Daniel Barenboim, von 1993 an erarbeitet worden war. Auch in den Jahren danach haben die FESTTAGE eine Wagner-Neuproduktion präsentiert, flankiert von weiteren Opernvorstellungen und Konzerten.
Feuilletonscout: Wie haben sich die Festtage im Laufe der Zeit verändert? Gibt es überhaupt programmatische Veränderungen? Wie haben sich die Besucherzahlen entwickelt?
Matthias Schulz: Programmatisch hat sich das Osterfestival im Laufe der Zeit erweitert – in diesem Jahr steht beispielweise Mozart im Zentrum. Bei den FESTTAGEN 2023 schließt sich dann sozusagen ein Kreis, wenn wir den kompletten RING-Zyklus in der Inszenierung von Dmitri Tcherniakov unter der Leitung von Daniel Barenboim zur Aufführung bringen. Beim Publikum sind die FESTTAGE eine feste Größe und die Auslastung liegt in jedem Jahr bei 90% bis 100%. In Zeiten vor der Pandemie waren das ca. 17.000 Zuschauerinnen und Zuschauer, die uns über die Osterfeiertage besucht haben.
Feuilletonscout: Wie ist die Stimmung bei den Festtagen? Unterscheidet sie sich vom „normalen“ Konzertbetrieb?
Matthias Schulz: Die FESTTAGE ermöglichen es, in kurzer Zeit über die Osterfeiertage, ein sehr dichtes und hochkarätiges Opern- und Konzertprogramm unter der Leitung von Daniel Barenboim zu erleben – neben der Staatskapelle Berlin, u. a. auch mit renommierten Gastorchestern wie den Wiener Philharmonikern. Das hat schon eine Festivalstimmung und feierliche Atmosphäre, besonders wenn die Gäste über diesen Zeitraum jeden Abend dabei sind oder mehrfach kommen. Ähnlich wie auch bei den BAROCKTAGEN entsteht dadurch eine Art Sogwirkung, die sich vom regulären Vorstellungsbetrieb noch mal abhebt.
Feuilletonscout: Erreichen Sie mit den Festtagen auch Publikum, das sonst seltener kommt bzw. auswärtige Besucher?
Matthias Schulz: Ja, absolut! Sowohl bei den FESTTAGEN als auch bei den BAROCKTAGEN haben wir Besucher:innen aus mehr als 40 Ländern. Man sieht also, dass ein dichtes Programm, das auch innere Bezüge herstellt, auch international verstärkt wahrgenommen wird.
Feuilletonscout: In diesem Jahr steht Wolfgang Amadeus Mozart im Fokus der Festtage. Wie kam es zu der Entscheidung?
Matthias Schulz: Daniel Barenboim widmet sich seit 2020 mit Regisseur Vincent Huguet und einer neuen Generation an jungen Mozartsängerinnen und -sängern dem Mozart-da-Ponte-Opern und gemeinsam haben sie COSÌ FAN TUTTE, LE NOZZE DI FGARO und DON GIOVANNI erarbeitet. Diese drei Werke kann man bei den FESTTAGEN nun erstmals als kompletten Zyklus in der gedachten Reihenfolge erleben. Ergänzt werden die Opern durch das sinfonische Schaffen Mozarts im Konzertprogramm.
Feuilletonscout: Was macht ihn bis heute so besonders?
Matthias Schulz: Bei Mozart liegt in der Einfachheit die besondere Kraft und er ist der Meister der Überraschungen. Alles wirkt so selbstverständlich und doch ist immer der nächste Takt anders als man ihn erwarten würde. Deshalb ist es auch so wichtig bei der Herangehensweise an Mozart eine spielerische Leichtigkeit zu bewahren.
Feuilletonscout: Nicht zum ersten Mal sind auch die Wiener Philharmoniker dabei. Warum dieses Orchester?
Matthias Schulz: Mit den Wiener Philharmonikern, einem der weltweit renommierten Sinfonieorchester, verbindet Daniel Barenboim eine enge künstlerische Beziehung. Bei den FESTTAGEN sind sie bereits zu einer Art „Konstanten“ geworden und wir freuen uns immer sehr, dieses Orchester bei uns als Gast zu haben.
Feuilletonscout: Welche weiteren Highlights wird es geben? Welche Künstlerinnen und Künstler reisen an?
Matthias Schulz: Beim Konzertprogramm sind neben den Wiener Philharmonikern, der Staatskapelle Berlin und Daniel Barenboim, Martha Argerich und Cecilia Bartoli zu Gast sowie Igor Levit und Renée Fleming, die beide erstmals an der Staatsoper Unter den Linden zu erleben sind. Außerdem wird wieder das Opernkinderorchester, das in Kooperation mit allen Musikschulen Berlins realisiert wird, im Rahmen der FESTTAGE unter der Leitung von Giuseppe Mentuccia auftreten.
Feuilletonscout: Igor Levit wird ebenfalls auftreten. Der Pianist ist nicht nur als Künstler bekannt, sondern auch als jemand, der als politischer Mensch wahrgenommen werden möchte. Erwarten Sie – durch Corona und die Entwicklungen in der Ukraine – eine veränderte Stimmung bei den Festtagen?
Matthias Schulz: Keine Worte können das Leid beschreiben, das sich gerade in der Ukraine ereignet. Zudem ist noch nicht die Corona-Pandemie vorbei. Wir hoffen dennoch mit unserem Programm einen Moment der Pause, des Innehaltens und des Zusammenhalts bieten zu können.
Feuilletonscout: Dürfen Sie das Haus bereits wieder voll besetzen oder gibt es noch Einschränkungen?
Matthias Schulz: Ja, wir spielen mit 100% Saalplankapazität.
Feuilletonscout: Wie sind die Vorverkaufszahlen?
Matthias Schulz: Die Auslastung ist auf einem guten Weg, dennoch gibt es noch Tickets und wir freuen uns auf alle Berlinerinnen und Berliner oder Gäste aus dem Umland, die dieses Jahr zu Ostern zu uns kommen!
Feuilletonscout: Worauf freuen Sie sich persönlich am meisten während der Festtage?
Matthias Schulz: Auf Don Giovanni – wenn ich mich für eine der Mozart-Opern entscheiden müsste, wäre es diese.
Feuilletonscout: Was ist für Sie der aufregendste Moment der Festtage?
Matthias Schulz: Für mich persönlich ist der Auftritt desOpernkinderorchesters immer besonders aufregend. Die über 80 Kinder im Alter von 7 bis 12 Jahren fiebern die ganze Saison auf diesen Auftritt hin und es ist einfach faszinierend zu sehen, wie sich diese Begeisterung überträgt.
Feuilletonscout: Welches ist für Sie das schönste Feedback, das Ihnen das Publikum geben kann?
Matthias Schulz: Das Feedback, dass die Stunden bei uns das Publikum nicht kalt gelassen haben, sondern berührt, begeistert oder zum Nachdenken angeregt haben.
Vielen Dank für das Gespräch, Matthias Schulz!
FESTTAGE der Staatsoper unter den Linden
noch bis zum 17. April 2022