Wer denkt, er habe schon alles von Monet gesehen, sollte unbedingt die aktuelle Ausstellung im Museum Barberini besuchen. Sie ist eine der umfangreichsten Retrospektiven, die dem Künstler jemals an einem deutschen Museum gewidmet wurde. Über 100 Gemälde laden ein, den Künstler neu zu entdecken. Rezension von Barbara Hoppe.
„Ich weiß nur, dass ich im Hinblick auf die Natur alles tue, was in meiner Macht steht, um wiederzugeben, was ich empfinde, und dass ich meistens, wenn ich versuche, das wiederzugeben, was ich empfinde, und dass ich meistens, wenn ich versuche, das wiederzugeben, was ich fühle, die grundlegenden Regeln der Malerei, sollten sie überhaupt existieren, vollkommen vergesse.“ So schrieb Claude Monet 1912 in einem Brief.
Wer seine Bilder betrachtet, merkt dies vor allem dann, wenn er die Originalvorlage kennt. Ob die Steilküsten der Normandie oder sein weltberühmter Garten in Giverny, je weiter man sich von den Bildern entfernt, umso plastischer werden sie, je näher man vor ihnen steht, umso weniger erkennt man. Und doch drücken sie genau das aus, was den Zauber des Ortes ausmacht. Monet tauchte immer tief in die Atmosphäre seiner Umgebung ein, spürt ihrer Aura nach und hielt sein Erleben des Moments schließlich fest.
Quer durchs Land
Ab 1850 wuchs das Schienennetz des Landes rapide und Claude Monet nutzte die Möglichkeiten des neuen Reisekomforts. So reist der Besucher mit dem Maler zu den schönsten Orten, die im 19. Jahrhundert von Frankreich aus mit dem Zug zu erreichen waren. Orte, die ihn inspierierten. Ob Riviera oder Atlantikküste, Venedig oder das niederländische Zandaam, ob Paris oder London, wohin er vor dem deutsch-französischen Krieg 1870/71 flüchtete, ob das Ausflugsziel Argenteuil, Giverny oder die faszinierenden Winterbilder der Seine mit ihren scheinbar unendlichen Variationen von Weiß: Man staunt, was man von dem Künstler alles noch nicht kannte.
Bereits die frühen Bilder muten in ihrem Realismus an, als hätte sie jemand anders als Monet gemalt. In zahlreichen Hafen- und Küstenszenen der Normandie, aber auch in der Darstellung des Walds von Fontainebleau beginnt er zwar bereits, sich auf die Wiedergabe atmosphärischer Effekte zu konzentrieren, doch unterscheiden sie sich noch stark vom späteren Monet. Nach einem Zwischenstopp in Zandaam, nur acht Kilometer von Amsterdam entfernt, bei dem 24 Freilichtgemälde mit typisch holländischen Motiven entstanden, kehrte er nach Frankreich zurück. In den Pariser Stadtansichten schnauft die Dampflok am Gare St. Lazare und vermittelt nur einen Eindruck von der Faszination, die von der modernen Urbanität des Paris des 19. Jahrhunderts ausging. Die Bilder von Monets Wohnort Argenteuil, ein Vorort von Paris, wo er ab 1871 lebte, zeigen hingegen die idyllischen und pittoresken Seiten der Ausflugsziele rund um die Großstadt. Nicht nur ein Gegensatz zum aufregenden Paris, sondern auch zum verhangenen London, das Monet gerade zwei Jahre erlebt hatte, wovon seine Nebelbilder Zeugnis sind: „Der Nebel in London nimmt alle möglichen Farben an; es gibt schwarze, braune, gelbe, grüne, lila Nebel“, erklärt der Maler 1901 in einem Interview.
Paradies Giverny
Nach dem Tod seiner ersten Frau Camille 1883 ließ sich Monet schließlich in Giverny nieder. Bis zu seinem Lebensende 1926 blieb er dort und zauberte das auf die Leinwand, was wir von ihm bis heute vor allem kennen. Dieses Paradies aus Wassergärten, Seerosen und japanischer Brücke mag man als Herz seiner impressionistischen Kunst empfinden – doch sein variantenreiches künstlerischen Schaffen und seine Bedeutung für die Kunstgeschichte gilt es, in der wirklich sehr sehenswerten Ausstellung „Monet. Orte“ zu entdecken und wirken zu lassen.
Monet. Orte
Mit Bildern aus der Sammlung Hasso Plattner und des Impressionismus-Bestands des Denver Art Museum, unterstützt von Leihgaben aus zahlreichen internationalen Museums- und Privatsammlungen
Ausstellung bis zum 1. Juni 2020
Museum Barberini
Alter Markt / Humboldtstaße 5-6
14467 Potsdam
Öffnungszeiten:
Täglich 10 bis 19 Uhr
jeder erste Donnerstag im Monat 10 bis 21 Uhr
Dienstag geschlossen
14 Euro / 10 Euro werktags
18 Euro / 12 Euro am Wochenende
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