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Sefi Atta erzählt vom Spagat zwischen Heimat und Fremde

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Literatur

Von Birgit Koß.

In meinem „afrikanischen“ Bücherregal gibt es eine recht umfangreiche Sammlung von einigen Personen, deren Schaffen ich schon lange verfolge. Zum Beispiel die nigerianische Autorin Chimamanda Ngozi Adichie. Mit ihrem Roman „Americanah“ von 2013 war sie in aller Munde und galt als neue Ikone der Frauenbewegung. Dabei hat mich ihr weitaus älterer Roman „Die Hälfte der Sonne“ noch viel mehr berührt. Dann gab es eine lange Veröffentlichungspause. Nun warten alle gespannt auf ihren neuen Roman „Dream Count“, der im März auf Deutsch erscheinen wird. Ähnlich rar macht sich immer mal wieder ihrer Landsmännin und Kollegin Sefi Atta .

Sefi Atta: Die Stimme Nigerias zwischen zwei Welten

Auch Sefi Atta teilt ihre Leben auf zwischen ihren Wohnorten in den USA und in Nigeria. Mit „Sag allen es wird gut!“, der Geschichte von den Träumen emanzipierter junger Studentinnen in Nigeria von 2008 hat sie mein Herz gewonnen. 2010 folgte „It’s my turn!“ 2012 ihre wunderbaren, preisgekrönten Kurzgeschichten „Hagel auf Zamfara“, 2013 „Nur ein Teil von Dir“. Dann eine längere Pause. Dazu muss man wissen, dass Sefi Atta auch Theaterstücke in Nigeria schreibt, Hörspiele und Essays veröffentlicht. 2019 erschien dann „Die amerikanische Freundin“ auf Deutsch – wie alle ihre Bücher im Peter Hammer Verlag. Die Autorin gibt darin einen tiefen Einblick in die nigerianische High Society unter anderem gespiegelt durch eine amerikanische Freundin.

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Cover: Peter Hammer Verlag

Ein sonderbarer Immigrant: Der schwierige Weg in ein neues Leben

Mit ihrem jüngsten Roman folgt nun der Perspektivwechsel in die USA mit „Ein sonderbarer Immigrant“. Diesmal gibt es einen Protagonisten: Der Literaturwissenschaftler Lukmon Karim lebt mit seiner Frau und seinen Kindern in Lagos, bis die Familie bei einer Lotterie Green Cards für die USA gewinnt. Zuerst kommt die Familie bei Lukmons Cousin Ismael in New York unter, der sich total dem American Way of Life verschrieben hat und alles Nigerianische ablehnt. Dies ist für das Ehepaar nur schwer zu ertragen.

Lukmom beginn als Sicherheitsmitarbeiter in einem Kosmetik Geschäft in einer Mall zu arbeiten und macht seine ersten Erfahrungen mit dem amerikanischen Rassismus. Moriam muss erst noch eine Prüfung ablegen, bevor sie in ihrem Beruf als Krankenschwester arbeiten darf. Doch schon vorher gewinnt sie Freunde in New Jersey, dem neuen Wohnort der Familie und findet Gefallen am Shoppen und taucht somit mehr und mehr ins amerikanische Leben ein. Auch die Kinder schaffen nach einem ersten Schock sehr schnell die Anpassung an ihre Klassenkameraden, was für die Eltern nicht immer einfach ist. Sind doch Erziehungsnormen strenger und das Leistungsbewusstsein in Nigeria viel größer. Nachdem Moriam Arbeit findet, bleibt Lukmon zu Hause, um sich intensiv um die schulischen Leistungen der Kinder zu kümmern.

Spagat zwischen Anpassung und Identität

Immer mehr gerät er ins Grübeln, wie er seine eigene Rolle sehen soll. Und mit Staunen nimmt er wahr, wie andere Nigerianer sich den amerikanischen Vorstellungen unterordnen. So stilisiert ein Kollege sich als politisch verfolgtes Opfer, statt zuzugeben, dass es ihm um die besseren wirtschaftlichen Möglichkeiten bei seiner Ausreise in die USA ging. Lukmons Cousin sucht nur noch weiße Freundinnen und leugnet jeglichen amerikanischen Rassismus.

Sefi Atta zeichnet ihren Protagonisten als intelligente und warmherzige Figur, die viele Fallstricke eines Immigrantenlebens in den USA erkennt und oft verwundert beschreibt. Sie nutzt ihren Literaturwissenschaftler, um uns so manche Erfahrung nahezubringen, die sie aus ihrer Community oder eventuell sogar aus eigenem Erleben kennt. Damit ist ihr wieder ein aufschlussreicher und zugleich einfühlsamer Roman gelungen, der auch beim zweiten Lesen noch viel Neues entdecken lässt.

Literaturangaben

1. Sefi Atta, Sag allen, es wird gut!, Aus dem Englischen von Sigrid Groß, Peter Hammer Verlag, Wuppertal 2008, 376 Seiten,  22 €

2. Sefi Atta, It’s my Turn!,  Aus dem Englischen von Eva Plorin, Peter Hammer Verlag, Wuppertal 2010, 270 Seiten, 19,90 €

3. Sefi Atta, Hagel auf Zamfara Aus dem Englischen von Eva Plorin, Peter Hammer Verlag, Wuppertal 2012, 379 Seiten, 22 €

4. Sefi Atta, Nur ein Teil von Dir, Aus dem Englischen von Eva Plorin,  Peter Hammer Verlag, Wuppertal, 2013, 348 Seiten, 22 €

5. Sefi Atta, Die amerikanische Freundin, Aus dem Englischen von Simone Jakob,  Peter Hammer Verlag, Wuppertal, 2019, 396 Seiten, 26 €

6. Sefi Atta, Ein sonderbarer Immigrant, Aus dem Englischen von Simone Jakob,  Peter Hammer Verlag, Wuppertal, 2022, 451 Seiten, 30,90 €

Bei Verwendung des Textes bitte Quelle angeben bzw. verlinken.

Sefi Atta talks about the balancing act between home and abroad

Nigerian author Sefi Atta is known for her sensitive portrayals of life between cultures. After works like „Everything Good Will Come“ and „The American Friend,“ her latest novel „The Strange Immigrant“ revisits the theme of migration.

The story follows literature scholar Lukmon Karim, who moves from Lagos to New York with his family after winning Green Cards. Initially, they stay with Lukmon’s cousin Ismael, who has fully embraced the American lifestyle, rejecting his Nigerian roots. While Lukmon works as a mall security guard and faces American racism, his wife Moriam struggles to have her nursing qualifications recognized. Their children quickly adapt to the new environment, challenging their parents’ traditional values.

Atta’s novel warmly and intelligently explores the internal conflicts of immigrants balancing adaptation and identity. Lukmon’s observations reveal the pitfalls of immigrant life in the U.S., encouraging readers to reflect on cultural differences and societal expectations.

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