Von Barbara Hoppe.
Als Simone Dede Ayivi mit „Autsch – warum geht es mir dreckig“ einen so großen Erfolg landete, dass die Einladung nach Köln zum diesjährigen Impulsfestival folgte, war die Regisseurin überrascht. „Der Erfolg von AUTSCH hat mich gleichzeitig gefreut und ein bisschen traurig gemacht. Denn das sich in AUTSCH so viele Menschen wiedererkannt haben und so tief berührt waren zeigt, dass es vielen Menschen gerade nicht gut geht und dass Überforderung von gesellschaftlichen Krisen und alltäglichen Anstrengungen weit verbreitet ist“, zeigt sich Ayivi betroffen. Gleichzeitig war der Moment des Erfolgs aber auch Inspiration für ihr neues Stück „Hä?!“, das am 19. Juni in den Sophiensaelen Premiere feiert.
Autsch, aber weiter
„Hä?! ist der logische Zustand, der auf AUTSCH folgt. Festzustellen, dass etwas nicht stimmt oder gar schmerzt ist nur der erste Schritt. Darauf folgt die Frage, wie es dazu gekommen ist und wie man diesen Schmerz beheben kann. Das kann zu Verwirrung oder gar Ratlosigkeit führen. Das ist der Hä?!-Zustand“, erläutert die Regisseurin die Grundidee des Stücks.
Theater als Teamprozess
Entstanden ist eine multimediale Performance, bei der sich Ayivi wieder voll auf ihre Kompliz* innen verlässt. Ein Netzwerk aus netten Leuten mit außerordentlichen Kompetenzen in ihren Gewerken, wie sie betont. Darunter auch wieder der Videokünstler Jones Seitz sowie der Komponist Johannes Birlinger, während Bühnenbildnerin Lea Steinhilber zum ersten Mal dabei ist. „Bei uns ist es nicht so, dass ich zuerst einen Text schreibe und dann entstehen dazu Musik und Szenen. Wir diskutieren als Team mehrere Tage oder Wochen über ein Thema und dann entsteht alles gleichzeitig“, erklärt Ayivi den Entstehungsprozess.
Hä: Wer gehört zum Wir?
Zentrales Motiv des Abends ist das Wir und wer mit diesem „Wir“ tatsächlich gemeint ist. „Grob gesagt“, führt Simone Dede Ayivi aus, „geht es erstmal um alle, die eine offene Gesellschaft wollen, die sich ein gutes Leben für alle Menschen wünschen und deren Ideale durch Rechtsruck und Autoritarismus bedroht sind. Aber selbstverständlich entscheidet jede Person selbst, ob sie Teil dieses „Wirs“ sein möchte.“
Effekte und Wehmut
Wie auch schon im Vorgängerstück, wird es bei „Hä?!“ neben humorvollen Szenen und glitzernden Theatereffekten auch Momente des Nachdenkens und Wehmuts geben. „Wir nähern uns den aktuellen politischen Fragen, dem erdrückenden Rassismus, Antisemitismus und der Queerfeindlichkeit, der viele Menschen in meinem Publikum ausgesetzt sind, mit magischem Realismus und möchten eine hoffnungsvolle Stimmung schaffen“, fasst Ayivi den Abend zusammen. Dabei wird die Regisseurin in einem persönlichen Teil auch auf Missverständnisse eingehen, die sie in der eigenen Familie erlebt hat.
Das Besondere am Theater sei dabei das Zusammenkommen, betont sie. Den Raum zu schaffen, empathischer auf sein Gegenüber zu schauen, aber auch solidarisch zu sein und Bündnisse gegen Hass aufzubauen. „Das ist viel verlangt von einem Theaterabend“, weiß auch Ayivi. „Aber man wird ja wohl noch hoffen dürfen“, bleibt sie zuversichtlich.
Hä?!
Performance
Premiere am 19.6.2025 um 19 Uhr
Sophiensaele
Dieser Artikel erschien ebenfalls in der Kulturbeilage „Berliner Bühnen“ der Berliner Morgenpost, Juni 2025.
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Theatre premiere ‘Hä?!’: Questions about the We
Simone Dede Ayivi’s new piece Hä?! continues where her acclaimed play Autsch left off. While Autsch revealed the pain, Hä?! asks why—and what can be done about it. The multimedia performance premieres June 19 at Berlin’s Sophiensaele. Ayivi once again relies on her trusted network of collaborators and new creative voices.
Hä: Who belongs to the We?
At its core is the idea of “We”—a fragile yet vital concept in times of growing division. Ayivi sees the “Hä?!” state as one of confusion that can become productive. Blending humor, sparkle, and moments of reflection, the piece addresses racism, antisemitism, and queerphobia—infused with magical realism.
Personal stories also shape the piece, including Ayivi’s own familial misunderstandings, which reflect broader social tensions. For her, theater is about encounter: a space for empathy and solidarity. Hä?! is an invitation to form new alliances—against hate, in favor of hope.