Ein Ehepaar reist nach England, um sich durch In-Vitro-Befruchtung den lang ersehnten Kinderwunsch zu erfüllen. Es entstehen drei Embryonen, aber nur eines wird eingepflanzt werden. Doch welches? Wie soll sich das Paar entscheiden? Seit 2018 ist das einst von Paul Plamper und Julian Kamphause als Hörspiel konzipierte Stück “Die Unmöglichen” unter der Regie von Simone Henke auf der Bühne zu erleben. Feuilletonscout sprach mit der Autorin.
Feuilletonscout: Wie sind Sie auf das Hörspiel aufmerksam geworden und was hat Sie bewogen, daraus eine szenische Lesung zu machen?
Simone Henke: Ich habe das Hörspiel auf Empfehlung eines Intendanten das erste Mal im Auto gehört und bin dabei dem Gedankenspiel… „was wäre wenn?“ gefolgt. Es werden in dem Stück inhaltlich fiktive Geschichten und Lebenswege erzählt, die mich dazu brachten, gedanklich abzuschweifen. Zum Beispiel: Was wäre gewesen, wenn ich statt Töchter, Söhne bekommen hätte? Es wäre ein ganz anderes Leben gewesen, angefangen vom Freundeskreis durch die Kinder, deren andere Hobbys etc.
Ich war begeistert von den Überlegungen, wovon ein Leben abhängt, was man eigentlich alles in der Hand hat ohne dass man sich im Alltag darüber Gedanken macht. Das hat mich dazu bewogen, diese Idee zu verfolgen und eine szenische Lesung daraus zu entwickeln.
Feuilletonscout: Wie ist die Auswahl der Schauspielerinnen und Schauspieler erfolgt?
Simone Henke: Die Auswahl habe ich aus verschiedenen Aspekten getroffen. Einige Schauspieler kannte ich bereits aus vorheriger Zusammenarbeit; mit anderen wollte ich längst mal zusammengearbeitet haben und konnte sie nun endlich besetzen. Wiederum andere kamen mir bei intensiver Beschäftigung mit dem Charakter der Rolle buchstäblich vor Augen. So hatte ich irres Glück, die Zusagen meiner großartigen Schauspieler zu bekommen, die nun ein außerordentlich- liebenswertes Ensemble geworden sind.
Feuilletonscout: Wie haben diese auf das Thema reagiert? Gab es Diskussionen untereinander?
Simone Henke: Die Schauspielerinnen und Schauspieler haben zunächst sehr neugierig auf dieses Projekt geschaut. Zugewandt, engagiert und mit tollen Ideen bestückt haben sie sich bei der ersten Probe dann eingebracht. Es gab Diskussionen, Überlegungen und einen Austausch innerhalb des Treffens, da die Thematik des Stückes viele persönliche und gesellschaftliche Fragen aufwirft. Diese Diskussionen waren nicht nur hilfreich für das Verständnis der Rollen, sondern haben uns im Nachhinein auch zu wunderbaren Erinnerungen an die Anfänge der „Unmöglichen“ verholfen. Es wurde bei aller Kreativität viel gelacht an dem Tag und der Grundstein für eine wundervolle Gemeinschaft gelegt.
Emotionales Feedback
Feuilletonscout: Die szenische Lesung wird seit 2018 aufgeführt. Wie erleben Sie die Reaktionen der Zuschauer? Gibt es auch hier Diskussionen? Sucht man mit Ihnen im Anschluss das Gespräch?
Simone Henke: Die Reaktionen der Zuschauer sind überwältigend und oft sehr emotional. Ist das letzte Wort gesprochen, zieht ein Moment der Stille in den Saal ein, um anschließend Beifall, Standing Ovation und Jubelrufe zu vernehmen. Viele Zuschauer suchen nach der Aufführung das Gespräch, um ihre Gedanken und Gefühle zu teilen. Ich bekomme manchmal Mails, die zeigen, wie sehr das Stück die Menschen berührt und zum Nachdenken anregt. Das ist so toll! Noch nie habe ich eine negative Resonanz bekommen! Diese Reaktionen sind ein wesentlicher Bestandteil und Antrieb für uns, weiterzumachen nach all den Jahren.
Feuilletonscout: Gibt es etwas, dass auch für Sie bei jeder Lesung neu oder überraschend ist?
Simone Henke: Jede Aufführung ist für sich einzigartig, schon wenn ich das Haus betrete. Ich erinnere mich, als ich zum ersten Mal den Friedrichstadtpalast durch den Bühneneingang betrat. Dieses Haus war in meiner Kindheit mit den „Kessel Buntes“ ein Sehnsuchtsort, da dort die internationalen Weltstars auftraten. Nun mit einer eigenen Show auf dieser Bühne zu stehen, kann ich nicht in Worte fassen, was das mit mir gemacht hat. Auch so ein Moment… „was wäre wenn…?“
Auch meine Schauspieler treffen mit vielen Erlebnissen seit der letzten Begegnung ein und das Zusammenfinden ist immer wieder neu und besonders. So geht das Ensemble auf die Bühne und begegnet dem Publikum mit seinen eigenen Erwartungen. Es ist immer wieder spannend, wie enthusiastisch die Menschen dann dem Erlebten Ausdruck verleihen. Überraschend ist für mich allerdings auch, dass es immer wieder dieselben Stellen sind, wo das Publikum lacht oder klatscht oder besondere Stille herrscht. Da ist es völlig egal, ob wir in Deutschland oder Österreich spielen; oder ob wir im Norden oder Süden auftreten. Das finde ich schön, weil es verbindet.
Humor als Brücke
Feuilletonscout: Im Trailer habe ich gesehen, dass auch gelacht wird. Was kann Humor bei diesem ernsten Thema bewirken? Provokant gefragt: Ist er bei einem solchen Thema angemessen?
Simone Henke: Humor kann eine mächtige Brücke sein, um ernste Themen zugänglicher zu machen und den Zuschauern einen Moment des Durchatmens zu ermöglichen. Er schafft eine Balance und kann helfen, die Schwere der Themen besser zu verarbeiten. Humor ist nicht dazu da, das Thema zu trivialisieren, sondern um die Menschlichkeit und die unterschiedlichen Facetten des Lebens zu zeigen. Es zeigt, wie nah das Stück am Leben eines jeden ist.
Feuilletonscout: Was möchten Sie bei dem Zuschauer auslösen?
Simone Henke: Ich würde es schön finden, wenn die Zuschauer nach der Aufführung mit Gedanken über ihr eigenes Leben oder sich selbst nach Hause gehen. Wie würde ich in der Situation reagieren; wie habe ich in einer Situation entschieden? Wenn dann bemerkt wird, dass man auf einem guten Weg ist; dass man die Verantwortung für sein Leben an niemanden anderen delegieren kann, wäre das doch eine gute Resonanz oder? Haben wir es geschafft, die Zuschauer emotional und intellektuell zu berühren, können wir glücklich sein. Da hat was funktioniert!
Feuilletonscout: Was ist für Sie das schönste Feedback?
Simone Henke: Wenn ich gefragt werde, wo wir als nächstes spielen…
Die Unmöglichen
Szenische Lesung mit Tobias Moretti, Meret Becker, Claudia Michelsen, Jonas Dassler, Matthias Koeberlin und Thomas Loibl zur pränatalen Diagnostik
29. September 2024 im Admiralspalast
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‘The Impossible”: A theatre play about life and choice
A couple travels to England to fulfill their desire for a child through in vitro fertilization. Three embryos are created, but only one will be implanted. The question remains: Which one? These considerations, the moral dilemmas, and the question of what defines a life inspired director Simone Henke to create the stage reading Die Unmöglichen. Originally conceived as a radio play by Paul Plamper and Julian Kamphause, the play has been performed on stage since 2018.
On September 29, Tobias Moretti will take on the role of the narrator. Meret Becker, Ronald Zehrfeld, and Matthias Koeberlin bring the unborn embryos to life, while Claudia Michelsen and Thomas Loibl play the parents struggling with their conscience.
Humor plays a central role in the production. Henke explains that it is not meant to trivialize the topic but to highlight the humanity and make the subject more accessible. Audience reactions are often emotional and overwhelming, says Henke, with many seeking to speak with the actors afterward.
With Die Unmöglichen, Henke hopes to spark reflection on life and encourage people to take responsibility for their own lives.
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